Hinweise zum Schreiben eines Essays

„Im Gedanken scharf, in der Form klar und im Stil geschmeidig!“

1. Was ist ein Essay

  • Essay (engl., franz. essai = Versuch, Kostprobe)
  • „(…) kürzere Abhandlung über einen künstlerischen oder wissenschaftlichen Gegenstand, eine aktuelle Frage des geistigen, kulturellen oder sozialen Lebens (…) in leicht zugänglicher, doch künstlerisch wie bildungsmäßig anspruchsvoller, geistreicher und ästhetisch befriedigender Form und anregend lockerem, doch geschliffenem teils (…) ironisch pointiertem oder paradoxem Stil von eleganter Leichtigkeit mit einprägsamen, originellen Formulierungen.“ (Wilpert 2001: 37)
  • Kritische, vertiefte, intellektuelle Auseinandersetzung mit einem Thema
  • Unterscheidet sich in einer bewusst subjektiven Auseinandersetzung von häufig streng objektiv, belegenden und wissenschaftlichen Abhandlungen
  • Für Themen geeignet, die Denkanstöße geben und entsprechend dem Leser Raum für eigene Überlegungen eröffnen
  • Ziel: Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchten, persönlicher Denkprozess darf durchscheinen, muss aber auch nachvollziehbar sein

2. Wie ist ein Essay aufgebaut?

  • Innere Strukturierung: Einleitung, Hauptteil und Schluss
  • Diese Gliederungspunkte finden sich aber nicht in Kapiteln als Bezeichnung wieder
  • Vielmehr muss die Binnendifferenzierung (Absätze, Abschnitte) so klar sein, dass bestenfalls auf Abschnittsebene ‚sprechende Zwischenüberschriften‘ gewählt werden sollten
  • Die inhaltliche Gliederung muss sich aus der Gedankenführung des Textaufbaus und der Themenentfaltung ergeben

Die Einleitung 

  • Guter Aufhänger für das Essay ist unbedingt sinnvoll: aktuelles Ereignis, persönliche Begebenheit, Fakten, Anekdote, Situation, lebendiger Einstieg
  • Motivation zum Lesen des Essays
  • Erklärung: Warum setze ich mich zu diesem Zeitpunkt mit der Fragestellung auseinander? Warum ist die Fragestellung für den Schreiber / Leser relevant?
  • Erläuterung der Problemstellung, Ankündigung der eigenen Position (These, welche im Hauptteil beleuchtet wird)

Der Hauptteil 

  • Darstellung ausgewählter Kernaussagen zur Fragestellung, die im Folgenden verdichtet, analysiert oder widerlegt werden
  • Plausible Darlegung verschiedener Position, die mit (fremden und eigenen) theoretischen Argumenten und praktischen/ empirischen Beispielen verdeutlicht werden sollte

Der Schluss

  • Kurzes Resümee der zentralen Argumente möglich, aber nur thesenartig und nicht als bloße Redundanzen
  • Eigene, begründete, abwägende Einschätzungen
  • Jedoch keine abgeschlossene Stellungnahme
  • Ausblick auf neue Fragen, die sich aus der Behandlung des Themas ergeben, durch öffnende, weiterführende Gedanken(spiele)

3. Welche formalen Vorgaben müssen beachtet werden?

  • Die formale Gestaltung (für die Einreichung als Studienleistung) entspricht im Wesentlichen den Richtlinien zur Gestaltung von Hausarbeiten (s. dort)

Quellenverweise

  • Querverweise und wissenschaftliche Belege sind innerhalb des Textes nicht nötig; es sind keine Subtexte (Fußnoten, Anhang…) nötig
  • Zitate und Gedanken anderer Autor*innen müssen kenntlich gemacht werden, aber nur im Ausnahmefall soll dies als wissenschaftliches Zitat erfolgen
  • D.h. die Urheberschaft anderer Gedanken soll in den Textfluss eingebaut werden; Informationen, die nicht in den Haupttext integriert werden können, sind für die Argumentation meist überflüssig
  • Zwei Beispiele für eine solche Vertextung:
    „Dieses Argument von Müller, einem angesehenen Meinungsforscher zum Thema Essays…“,
    „Wie bei Müller in ‚8 Thesen für gute Essays‘ nachzulesen ist….“
  • Ein Verzeichnis der verwendeten Literatur/Quellen wird am Ende des Essays angehängt 

Umfang 

  • Der Essay ist beendet, wenn die Fragestellung differenziert und verständlich dargestellt worden ist!
  • Es gilt: So viel wie nötig, so wenig wie möglich!

4. Worauf ist bei der sprachlichen Gestaltung zu achten?

  • Fachsprachliche Formulierungen sind zugunsten einer allgemein verständlichen Sprache eingeschränkt zu verwenden
  • Die Lesemotivation soll durch anregend lockeren, zugleich geschliffenen, ggf. ironisch pointierten oder paradoxen Stil angeregt werden; elegante Leichtigkeit und einprägsame, originelle Formulierungen und anschauliche Beispiele können dabei helfen
  • Empfehlung: Erste Version des Textes ein paar Tage „liegen lassen“ und mit etwas Abstand nachprüfen, ob Aussagen verständlich, nachvollziehbar, originell formuliert sind
  • Tipp: Sich selbst (oder anderen) laut vorlesen! An Stellen, an denen man stockt, sollte weiter redigiert werden
  • Oder: In ungewöhnlicher Zeichenformation ausdrucken, um Distanz zum „Produkt“ zu bekommen