Rückblick: Dikola-Jahrestagung 2022

Die moderne Schule wird online sein oder sie wird gar nicht sein...

… Unter diesem Motto fand am 18. und 19. Mai 2022 die internationale Tagung „School’s On! – Digitale Spielräume für die moderne Medienbildung“ im Multimediazentrum (MMZ) Halle statt. 

Referent*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz stellten Konzepte für eine „Schule von morgen“ vor, erörterten Ergebnisse der Bildungsforschung, speziell im Bereich der Film- und Medienbildung, und diskutierten darüber hinaus, wie eine digitale Unterrichtspraxis in Schule und Hochschule weiter kreativ gedacht werden kann. Dabei kam Game Based Learning in der Schule wie in der universitären Lehramtsausbildung eine besondere Rolle zu. Neben theoretischen Ansätzen bildeten Good-Practice-Beispiele zur Gamification in der Schule (Videospiele, Serious Games etc.) einen besonderen Ansatz der Tagung. Thematisiert und diskutiert wurde in diesem Kontext ebenfalls, wie sich neue Formen des Lernens auf die Konzeption von Lernräumen auswirken. 

In Diskussionsforen wurden zudem aktuelle Probleme der Digitalisierung in der Schule erörtert, wobei auch Ministerialvertreter*innen, Lehrer*innen und Schulleiter*innen, Schülervertreter*innen und Lehramtsstudierende zu Wort kamen. In der anderthalbtägigen Tagung verbanden sich so Praxischeck und Zukunftsforschung miteinander.  

Die Tagung fand auf Initiative des Zentrums für Lehrer*innenbildung (ZLB) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) im Rahmen des Ergänzungsstudiengangs Medienbildung (ESG) und des BMBF-Projekts Digital kompetent im Lehramt (DikoLa) statt.

Tagungsprogramm

Keynote von Prof. Dr. Matthias Ballod

Medienbildung im Lehramt - Versuch und Irrtum

Im Rahmen seines Vortrages für die DikoLa-Jahrestagung 2022 blickte Prof. Dr. Matthias Ballod auf die Entwicklung des Ergänzungsstudiengangs Medienbildung zurück und lieferte dem Publikum Einblicke in den Prozess der Strategieentwicklung im Lehramt, welche durch das Projekt DikoLa begleitet wird. Einige Punkte seiner Ausführungen sollen im Folgenden nun noch einmal herausgegriffen und weiter ausgeführt werden. 

Vorbemerkung: Medienbildung

Im Fokus rund um die Entwicklung digitaler Technologien im Bereich Lehren und Lernen steht oftmals die Frage, wie die digitalen Medien und neuen Lerntechnologien genutzt werden können, um die Lernergebnisse zu maximieren. Bis heute lässt sich auf diese Frage keine befriedigende Antwort finden. 

Zum einen ist Lernen zwar ein emotionaler, aktiver, selbst-gesteuerter, kontrollierter, konstruktiver und sozialer Prozess. Auf der anderen Seite aber macht Lernen nicht immer Spaß und – was noch viel entscheidender ist – kann nicht beliebig beschleunigt und effektiver gemacht werden

Doch das soll auch gar nicht Ziel von Medienbildung sein. Denn Medienbildung ist nicht technologiegeleitet, sondern setzt auf den sinnvollen Einbezug in Lehr-Lern-Szenarien. Dabei sollen die vielfältigen didaktischen und methodischen Potenziale ausprobiert und genutzt werden. Zugleich zielt sie darauf ab, aktuelle Medienwelten aufzugreifen und zukünftige Lebenswelten der Lernenden orientierend zu gestalten

Vorgeschichte: Ergänzungsstudiengang

Wie kam es nun zur Etablierung des Ergänzungsstudiengangs Medienbildung? Der Weg dorthin war alles andere als einfach.

Zwischen 2012 und 2019 waren viele Gespräche nötig, um ein für alle Beteiligten „attraktives Paket“ zu schnüren. So erscheint Medienbildung für Studierende als weiteres examensrelevantes, studierbares Fach, welches viele fächerübergreifenden und relevanten Inhalte bündelt, interessant. Ein für die Leitung entscheidender Punkt ist, dass für den ESG keine neuen Kapazitäten geschaffen werden müssen, sondern auf bereits vorhandene Lehr-Kapazitäten und Expertise zurückgegriffen werden kann. Nicht zuletzt stellt der Ergänzungsstudiengang für alle Beteiligten und die MLU einen Zuwachs dar, da es sich um ein deutschlandweit recht einmaliges Studienangebot im Lehramt handelt. 

Vorstellung: Strategische

Am 22. März 2022 veröffentlichte die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ihre Strategie zum Thema Lehrer*innenbildung in einer digitalen Welt. Darin tauchen Punkte wie „Fort- und Weiterbildung für Lehrende“ oder „Potenziale der Digitalisierung umfassend nutzen“ auf. 

An diese und viele weitere Schwerpunkte der HRK-Erschließung haben wir schon längst angeknüpft! Denn im Laufe der letzten beiden Jahre haben wir im Rahmen des Projekts DikoLa Strategien für die Lehrer*innenbildung an der MLU entwickelt.

Wir sind sogar einen Schritt weiter: Denn diese Vorgaben wurden bereits operationalisiert und auf die Voraussetzungen und Bedingungen an der MLU angepasst. 

Dabei haben wir stets unser oberstes Ziel im Blick: Wir wollen das wissenschaftsbasierte Lehramtsstudium an der MLU weiter profilierenmit, über und durch Digitalisierung – und nicht zuletzt Studierende dabei unterstützen, Schule inklusiv, demokratisch und nachhaltig zu gestalten. 

Während der vergangenen zwei Jahre wurde auf dieses Ziel hingearbeitet und – unter Pandemiebedingungen – ein Papier erstellt, das für sämtliche Handlungsfelder die Ausgangslage, Ziele sowie konkrete Handlungsoptionen benennt

Vorgaben: Curriculare

Curriculare Vorgaben an digitale Kompetenzen für Schüler*innen wurden bereits 2016 durch Kultusministerkonferenz (KMK) verbindlich festgelegt. Doch für die Lehramtsausbildung fehlten entsprechende Vorgaben bislang.

In der Fachdidaktik Deutsch gibt es bereits einige Vorarbeiten wie 

  • die Digitale Didaktik und Curriculumsarbeit im Rahmen des [D-3]-Projekts,
  • die Handlungs- und kompetenzorientierte Lehre sowie die anwendungsorientierten Prüfungsformen im Rahmen des ESG-Moduls „Projektarbeit: Medienpraxis“,
  • die Entwicklung didaktischer Konzepte, die Gestaltung von Medienprodukten sowie die Reflexion curricularer, rechtlicher und technischer Rahmenbedingungen innerhalb von DikoLa und 
  • Pilot-Veranstaltungen wie das kollaborative Lehrprojekt in der 1. und 2. Phase der Lehrer*innenbildung und die Entwicklung bzw. Durchführung von Unterrichtsprojekten von Student*innen und Lehrkräften im Vorbereitungsdienst – ebenfalls betreut durch DikoLa.

 

Nach zwei Jahre gehen Entwicklung und Erprobung, im Rahmen des Projekts DikoLa, nun in die Konsolidierung, Implementierung und Verfestigung über. 

Vorbereitung: Operative

Einen Erprobungs- und Erfahrungsraum liefert beispielsweise das Digitale Lernlabor (DLL). Dieses orientiert sich an folgenden Gestaltungsprinzipien

  • offener Experimentierraum für digitale Bildungsmedien, 
  • thematische Stationen mit digitalen Anwendungen und Geräten sowie Selbstlernmaterialien und
  • Konzeption und Erprobung eigener Lehr-Lernkonzepte.

 

Darüber hinaus wird das DLL von diversen Lernstationen und Materialien begleitet wie: 

  • Nutzungskonzepte (Lehre /Selbstlernen),
  • Leitfäden und Anleitungen, 
  • Erklärvideos,
  • Digitale Toolbox,
  • OER-Börse,
  • Schulpraktische Übungsformate und
  • Methoden-Handreichungen.

Auch innovativen Lehrformaten wie dem Game-Based-Learning und  innovativen Transferformaten kommt in diesem Zusammenhang eine große  Bedeutung zu. Beispiele für solche Transferformate sind: 

  • VordenkerInnen – Lehre neu gedacht, 
  • Schulpraxis digital,
  • Lehrimpulse,
  • Qualifizierungen,
  • individuelle Beratungen, 
  • AG Digitale Teilhabe,
  • Train@Trainer,
  • Transfer-Café oder
  • Zukunfts-Werkstatt.
Vorsicht: Zukunft

Abschließend lässt sich nur resümieren, dass Medienbildung Zukunftssicherung von Schule und Hochschule, der MLU und allen weiteren Lernergenerationen ist. Jetzt gerade geht es in Bezug auf Medienbildung nicht nur um die Weichenstellung sondern auch um deren Verfestigung!

Zum Ende noch einmal zurück zum Anfang – „Versuch“ und „Irrtum“:

„Die Schulen und Hochschulen, das Lehren und Lernen, die Didaktik und Medienbildung müssen sich mehr und mehr als Erprobungsraum, als Experimentierfeld verstehen, in dem Fehler und Irrtum ganz selbstverständlich ihren Stellenwert haben. Das Missverstehen, so hat es mein geschätzter Kollege und Pädagogischer Psychologe, zuletzt in seiner Antrittsvorlesung bezeichnet, ist Ausgangspunkt für verstehendes Lernen, nämlich als Bedingung, Neues und Unbekanntes nachhaltig in eigene Wissensbestände zu überführen.

Um es mit den Worten Reinhard Sprenger, promovierter Philosoph und renommierter Organisationsexperte, zu sagen: ,Ein Irrtum erweist sich immer erst post test.‘ Das absichtsvolle Begehen von Fehlern nennt man Sabotage und das wiederholte Begehen des gleichen Fehlers Dummheit. Das heißt: Nur aus Fehlern wird man klug und vor dem Irrtum steht immer der Versuch!

In diesem Sinne: Lasst es uns gemeinsam und weiter versuchen!

(Prof. Dr. Matthias Ballod)

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